<em>Defacement</em> der Person. Faulkner und Bernhard zur Unterminierung einer Rechtsfiktion im gesichtslosen Schurken

Defacement der Person. Faulkner und Bernhard zur Unterminierung einer Rechtsfiktion im gesichtslosen Schurken

Par PRADE-WEISS Juliane

In Christopher Nolans Film The Dark Knight von 2008 überträgt der serienmordende Joker sein markantes Antlitz ins Fernsehen, gibt dennoch aber nichts von sich Preis, denn die automatisierte Gesichtserkennung versagt. Das geschminkte Narbengesicht ist nicht als Person mit Name, Herkunft und Kontext identifizierbar, sondern bleibt gleichsam ein hapax legomenon, so dass nicht auszumachen ist, ob sein Träger in eigenem oder fremdem Namen spricht und was der Beweggrund seines Handelns wäre. Der Ausfall lässt eine Grundfigur moderner Rechtauffassung, Staatlichkeit und Autorschaft erkennen : die Person. Ich werde zuerst aufzeigen, vor welchem geistesgeschichtlichen Hintergrund sie steht. Danach werde ich auf zwei Texte des 20. Jahrhunderts eingehen, in denen eine gesichtslose Gestalt der Verhandlung historischer Verbrechen und Traumata dient : Faulkners Absolom, Absolom! und Bernhards Auslöschung. Danach komme ich auf den Joker zurück, eine Popularisierung der Denk-Figur des gesichtslosen Bösen.

 

Persona

Kant formuliert paradigmatisch, dass der Mensch eine Person sei, das heißt ein « vernünftiges Wesen», das von Natur aus seinen « Zweck an sich selbst hat » und kein bloßes Mittel für Zwecke ist oder werden darf 1. Im 19. Jahrhundert wird dieser Begriff zu einem Rechtsgrundsatz, folgenreich formuliert bei Savigny :

 

Alles Recht ist vorhanden um der sittlichen, jedem einzelnen Menschen inwohnenden Freyheit willen. Darum muß der ursprüngliche Begriff der Person oder des Rechtssubjektes zusammen fallen mit dem Begriff des Menschen […] : Jeder einzelne Mensch, und nur der einzelne Mensch, ist rechtsfähig  2.

 

Obgleich er beim Naturrecht beginnt, spricht Savigny von einem Institut, denn :

 

Indessen kann dieser ursprüngliche Begriff der Person durch das positive Recht zweyerley, […] Modificationen empfangen […] Es kann nämlich erstens manchen einzelnen Menschen die Rechtsfähigkeit ganz oder theilweise versagt werden. Es kann zweytens die Rechtsfähigkeit auf irgend Etwas außer dem einzelnen Menschen übertragen, also eine juristische Person künstlich gebildet werden  3.

 

Die Person ist, mit anderen Worten, eine Rechtsfiktion. Eine juristische Person kann – beispielsweise gemäß dem Code civil und dem deutschen BGB – ein biologischer Mensch sein ebenso wie mehrere, gar keiner und ein noch ungeborener 4. Die moderne Sicht der Person als einerseits natürlicher Rechtsträger, der andererseits von den Institutionen des Staates ‘künstlichʼ erzeugt wird, basiert auf einer komplexen Vorgeschichte, die strukturell Eingang findet. – So, dass das Fehlen eines lesbaren Anblicks (wie beim Joker) auf das Fehlen eines Inneren verweist, das eigentlich nicht fehlen kann, weil es die fundamentale Auffassung des Menschen als handelndem Individuum ausmacht – und mithin die Fehlstelle eines Unmenschen, Monsters, oder eben super-villain markiert, der die Fiktionalität der regelhaften Auffassung ausstellt und sie dadurch untergräbt.

Zwei Momente der langen Vorgeschichte der Person sind entscheidend : Zum einen : Persona ist die römische Übersetzung von πρόσωπον, ›Maske‹ auf dem Theater, so dass sich die populäre (aber vermutlich falsche) römische Etymologie ergibt, persona hieße per-sonare, also ‘durch-tönenʼ. Die Bedeutung ‘Maskeʼ wird erweitert zur persona als zunächst Theaterrolle und dann sozialer Rolle. Dabei kommt es zu einer wichtigen Kippbewegung von der synchronen Relation zwischen verschiedenen Rollen auf der Bühne zur diachronen Stabilität der Rolle mit einer ‘Identitätspflichtʼ, wie Fuhrmann et al. formulieren 5. Dass diese Identität eine Rollenerwartung und Fiktion ist, unterstreicht der Blick auf die römische Grammatik, wo persona zugleich ein stehender Begriff für die Sprecherrolle wird 6.

Zum anderen : Persona bleibt die (weströmische) Übersetzung von πρόσωπον, das seinerseits mit der Septuaginta zur Übersetzung der hebräischen Wendungen vom ‘Antlitzʼ (pānîm) wird – für das Angesicht Gottes, das Menschen zugewandt ist 7 sowie für das Ansehen oder die Reputation, etwa in der Weisung : « Ihr sollt im Gericht nicht die Person ansehen 8 […] – » nicht in dem Sinne, keinem ins Gesicht zu schauen, sondern sein soziales Ansehen nicht zu berücksichtigen. In der Theologie wird, der grammatischen Verwendung als Sprecherposition folgend, persona zum Begriff für die drei Aspekte Gottes, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Dabei kommt es zu einer Tilgung : Als die Theater-Tradition endet, geht das Verständnis von persona als ‘Maskeʼ und ‘Rolleʼ verloren, und wird bei der späteren Wiedereinführung des Theaters durch eben diese Termini ersetzt 9. Persona benennt also nicht mehr in abgeleiteter, sondern in wörtlicher Bedeutung den Sprecher, dem Worte als Äußerungen einer Innerlichkeit zugerechnet werden.

Aus dieser Transformation ergibt sich die paradoxe Konstellation, dass ‹ Person › sich verstehen lässt als Auffassung vom Gesicht als Charaktermaske. Wichtig ist die Überführung der theologischen Ausarbeitung des Begriffes persona von Gott – als in sich ruhende, souveräne Instanz, die sich im Antlitz zu erkennen gibt – auf den Menschen als Rechtssubjekt. So wie den personae Gottes Stimmen im Pentateuch zugewiesen werden, wird der Mensch als Person, wie Kant schreibt, « dasjenige Subjekt, dessen Handlungen einer Zurechnung fähig sind 10 ». Vor diesem Hintergrund stehen die gesichtslosen Mörder und Mörderinnen, denen in der Populärkultur des 21. Jahrhunderts beträchtliche Beliebtheit zukommt, vor allem in comics wie Batman oder dem Genre des true crime. Freilich aber gibt es Zwischenschritte, die Rechtstheorie und Populärkultur miteinander verbinden. Wesentliche davon, so möchte ich im Kommenden zeigen, liegen in literarischen Texten des 20. Jahrhunderts, die der Verhandlung historischer Verbrechen und Traumata gelten.

 

Literarische fantômes historischer Verbrechen

Unerkennbarkeit oder Nicht-Erscheinen macht Schurkenfiguren in literarischen Texten zu Repräsentanten eines Problems : Einerseits erscheinen die Kausalität und Gesetzmäßigkeit historischen Geschehens in den Massengesellschaften der Moderne unerkennbar, wie etwa Benjamins Überlegungen zu Schock und zum Flaneur darlegen. Andererseits aber bilden Erkennbarkeit, Kohärenz und ‘Identitätszwangʼ die Prinzipien des biopolitischen Paradigmas neuzeitlicher Staatlichkeit, das Menschen als Personen erfasst, die in eigenem oder fremdem Namen sprechen. Gesichtserkennung und Bürgersoftware sind die neuesten Symptome dieses Phänomens. Dieser Widerspruch gibt Gestalten Raum, die böse erscheinen zum einen weil sie Verbrecherisches tun, zum anderen weil sie die Fiktionalität des ‘Identitätszwangsʼ ausstellen, der dem Begriff der Person zugrunde liegt.

In William Faulkners Roman Absalom, Absalom! von 1936, in dem keiner ‹ gut › erscheint, ist die Figur des Bösen als Ostentation des sonst Unterdrückten die Zentralfigur Sutpen. Um sie zu verstehen, ist wichtig, von welcher Repression hier die Rede ist : 1936, das heißt vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise, die 1929 von den USA ausgeht und bis 1933 weltweit Millionen verarmen lässt, und im Englischen spätestens ab 1934 Great Depression heißt, sowie mit Blick auf den weltweiten Aufstieg des Faschismus untersucht Faulkners Text die Überlieferung der bis dahin gravierendsten Verlusterfahrung der USA : den Civil War um die Sezession von vierzehn südlichen Bundesstaaten, in dem zwischen 1861 und 1865 etwa zwei Prozent der Bevölkerung der USA ums Leben kamen. Der Krieg brachte eine andauernde Veränderung der Auffassung des Todes mit sich, sowie gleichsam eine Depression der Überlebenden; beides formulieren deutlich Texte von Poe.

Faulkner geht es nicht um den Zwist, sondern darum, was die Parteien verbindet: mangelnde Klage um menschliche, materielle und ideelle Verluste. Diese Klaglosigkeit ist keine stumme Trauer, sondern ein Mangel an Trauer und Hinnahme von Verlust und Niederlage, die dem Vergangenen die geisterhafte Präsenz des Wiedergängers verleiht. Ihren markantesten Ausdruck findet die Klaglosigkeit in der Nostalgie für den ‘alten Südenʼ, wie sie Mitchell im ebenfalls 1936 erschienen Gone With the Wind formt, dessen Verfilmung 1939 finanziell enorm erfolgreich wird. Absalom, Absalom! ist nicht verfilmt worden, denn Faulkner bebildert nicht das Verlorene, sondern untersucht die Sprache, die das Verlorene in der Überlieferung errichtet – indem sie seinen Verlust nicht hinnimmt, kein Unrecht anerkennt, nichts betrauert und spricht, um nicht zu klagen – während der Diskurs ständig mit Trauer, Kummer und Leid befasst ist, wenn auch meist in Verneinung 11 : grief be absent 12.

Ich möchte nur die Hauptfigur kurz erläutern : Thomas Sutpen erscheint eines Tages mit einem Gefolge von Sklaven in einem fiktionalen County in Mississippi – out of no discernible past 13, wie es den Anwohnern erscheint –, eignet sich auf unklare Weise ein großes Stück Land von den örtlichen Chickasaw an, errichtet darauf eine Villa 14, und ehelicht die Tochter eines Händlers im benachbarten Ort Jefferson (der nicht zufällig nach dem sklavenhaltenden Gründervater heißt) 15. Sutpen gewinnt fast nur in den Worten anderer Gestalt – die Gestalt stereotyper planter masculinity 16 : einer Deutungshoheit, die andere in ihrem Besitz weiß und bloß als solchen, das heißt als tauschbar, betrachtet. Doch obgleich die planter masculinity Handlung und Narrative prägt, ist die Erzählung von Sutpen kein historisches exemplum, dessen Struktur sich als Regel verstehen ließe. Sutpen wird demon 17 genannt, da er (wie der griechische δαίμων) das Leben von Menschen kontrolliert, die von ihm besessen werden 18. Sutpen ist im Wortsinn ein monstrum : Eine regelwidrige Erscheinung, die etwas erkennen lässt 19. Denn nicht die Gewalt und Willkür, mit der Sutpen seine Ziele verfolgt, ist der etablierten Gesellschaft Jeffersons suspekt, sondern die Offenheit, mit der er Willkür und Gewalt zeigt. So gibt er sich keine Mühe, durch Rituale oder Narrative zu verhehlen, dass er den Erwerb einer Ehefrau als eine Transaktion betrachtet, die sich vom Erwerb von Sklaven nicht unterscheidet – was im Hinblick auf die Machtstruktur zutrifft, ebenso wichtig aber ist die soziale Verfertigung des Unterschiedes durch Mode, Sprache und Sitte, weil auf diesem Unterschied die alles entscheidende Distinktion der Genealogie der Sklavenhalter gegenüber Sklaven und Armen beruht 20.

Sutpen stammt von weißen Mittellosen ab, die im sozialen System der Plantagenwirtschaft und ihrer Valorisierung der Unterscheidung von weiß und schwarz keinen Ort haben 21. Er unterminiert dieses System, indem er es sich aneignet und damit zeigt, dass es nicht auf naturgegebenen Unterschieden beruht, sondern auf gewaltsamer Verfertigung, und dass die Distinktionen, die als Rassen naturalisiert werden, Klassenunterschiede sind. Das zeigt auch das Trauma, das sein Handeln motiviert : Als Kind eines weißen Tagelöhners wird er vom schwarzen Diener des Plantagenbesitzers von der Vorder- an die Hintertür des Hauses verwiesen 22. Forter nennt das Ereignis ein signification trauma, da es die bis dahin rassistische Deutungsfolie der Welt durch eine andere ersetzt, die von Besitz reguliert wird, und in der das Kind sich als nichtig betrachtet sieht 23. Sutpen eignet sich alle Attribute des Plantagenbesitzers an, in dessen Namen er abgewiesen wurde, und wiederholt die Zurückweisung mit seinen Kindern und Frauen 24. Sutpen ist ein Monster, weil er die traumatischen Wurzeln des gottgleichen Männlichkeitsbildes erkennen lässt 25.

Faulkners Erzähler übergeben die Traumatisierungen sowie die Narrative, die sie kompensieren sollen, so an die jüngste Generation, dass das Trauma weiterbesteht, zur Identifizierung verpflichtet, und keine Distanz zulässt. Der Mangel an Einsicht in die Gewalt der Tradition und Tradierung wird überliefert als mangelndes Verständnis der Zusammenhänge der Ereignisse. So ist nur zu berichten : none to ever know just why or just what happened 26. Absalom, Absalom! illustriert nicht den Mythos vom so genannten Lost Cause des konföderierten Südens, das heißt die Ideologie der ‘verlorenen Sacheʼ der zu Unrecht im Bürgerkrieg Unterlegenen, sondern Faulkners Text zeigt, wie Verneinung und Verdrängung der Grausamkeit, die Menschen zu Waren reduziert, zur ‘verlorenen Ursacheʼ werden : Sie resultieren in einer Gegenwart, der es nicht gelingt, die Vergangenheit zu einer erzählbaren Sequenz zu ordnen, die als Vorgeschichte das Jetzt erklären und eine Zukunft eröffnen könnte.

Die im Text dargestellte Gegenwart ist geisterhaft, denn sie basiert auf einer psychischen Krypta im Sinn Abrahams und Toroks, das heißt auf einem innerpsychischen Geheimnis, das den Schmerz über den Verlust, alle mit dem Verlorenen verbundenen Gefühle und Gedanken und damit auch den Verlust selbst vor dem Bewusstsein verbergen soll statt ihn hinzunehmen, also zu ‘schluckenʼ und zu ‘verdauenʼ. Angetrieben wird die Bildung einer Krypta von einem Ambivalenzkonflikt 27 (etwa dem, sich ungern zu Recht auf Seiten der Verlierer des Civil War zu sehen.) Diese Theorie ist Faulkners Text durchaus angemessen, sofern graves, tombs, und tomblike rooms darin ein Leitmotiv sind. Der Text greift Darstellungsverfahren der zeitgenössischen pulp fiction auf – vor allem klischeehafte Übersteigerung und Repetition – und wird daher auch der Southern Gothic zugerechnet, also einer späten Schauerromantik. Doch die geisterhafte Präsenz des Vergangenen ist kein bloßes Vergnügen : Die Krypta der Vorfahren entlässt Phantome – Gespenster, von denen die Nachfahren heimgesucht werden –ohne sie zu verstehen, denn sie beruhen auf keinen selbst erlittenen Verlusten, die auch hätten betrauert werden können. Dennoch sind die Gespenster wirklich, sofern sie in den Nachkommen Wirkung entfalten : Traumatische Phantome verhindern normalen Wortgebrauch 28, und erscheinen statt dessen als Lücke und Inkohärenz in der Rede 29. Die Nachfahren können nicht in den Mund nehmen, was die Vorfahren nicht akzeptiert und ‘geschlucktʼ haben, sondern in sich wie einer Krypta begraben. So verhindert in Absalom, Absalom! die unbetrauerte Sklaverei den offensichtlichen Schluss, der nötig wäre, um die von allen Erzählern immer wieder aufgeworfenen Frage zu beantworten, was Sutpens Fehler war, was zum Untergang seiner Familie führte, und why God let us lose the War 30.

Die generationenübergreifende Verweigerung von Trauer lässt keine Antworten zu, sondern installiert einen Wiederholungszwang (die immer gleiche ‘Logikʼ, ‘Moralʼ und Geschichten 31), der die Gegenwart mortifiziert 32. Sutpen erscheint in der Ostentation von Gewalt und Willkür als Phantom, als Wiedergänger der gesellschaftlichen Trägerrolle von Plantagenwirtschaft und Sezession. Als Heimsuchung erscheint er, weil er fast nie selbst spricht, sondern sich aus dem Verdrängten seines Umfelds, des Hörensagens und der Überlieferung zusammensetzt – zur Gestalt, in der die verdrängte Gewalt der untergegangenen Welt ausstellt wird. Dieses Phantom, das nur an wenigen Textstellen selbst spricht, bewirkt ein de-facement in de Mans Sinn 33, das heißt eine Ausstellung der Personifikation oder besser : Prosopopöie als derjenigen rhetorischen Figur, die mit einer Stimme ein Antlitz und damit die Identitätsbehauptung einer Person erzeugt – und damit im Diskurs Gewissheit und Gültigkeit von Aussagen auf Fiktionalität gründet, etwa im Gesetzestext. Wo aber ein Gesicht durch Rede erst gegeben werden muss (das ist : in jedem Text), dort herrscht mithin grundsätzlich : Gesichtslosigkeit. Doch ist dies aufzuzeigen böse ?

Dazu ist ein Blick auf einen weiteren Roman notwendig, in dem die Überlieferung eines anderen historischen Verbrechens verhandelt wird : Thomas Bernhards Auslöschung. Ein Zerfall von 1986. Der Protagonist, « Murau, Franz-Josef », erhält in Rom ein Telegramm, in dem ihn seine Schwestern Caecilia und Amalia über den Tod der Eltern und des älteren Bruders informieren 34. Damit wird Murau unversehens Alleinerbe des Familiensitzes Schloss Wolfsegg in Oberösterreich, von wo er soeben erst abgereist war. Der erste Teil des Romans schildert, wie Murau den weiteren Tag mit widerwilligen Reisevorbereitungen verbringt, der zweite Teil schildert das Begräbnis in Wolfsegg, bei dem die Trauergesellschaft als Wiederkehr des verdrängten Austrofaschismus und Nationalsozialismus erscheint. Auch Bernhard stellt die Technik der Prosopopöie, die historische Erkennbarkeit gewähren soll, ins Zentrum seines Texts, indem er die Darstellung und die Entstellung von Figuren miteinander als Groteske verschränkt : Das problematische Zentrum des monologischen Erinnerungsdiskurses ist die Mutter des Protagonisten.

 

Später haben sie mir gesagt, dass die Mutter, wie ich angenommen habe, bei dem Verkehrsunfall, wie gesagt wird, derartig verstümmelt worden ist, bis zur Unkenntlichkeit, wie die Zeitungen schrieben, wie Cecilia dann sagte, dass ihr Sarg sofort fest verschlossen hatte werden müssen. Die Mutter war bei dem Unfall mehr oder weniger geköpft worden […] Der Mutter war die Eisenstange jenes Lastwagens aus Linz so gegen den Kopf gestoßen worden, daß ihr Kopf beinahe zur Gänze von ihrem Rumpf getrennt worden war […]  35

 

Es ist kein Zufall, dass die letale Stange aus Linz kommt, Sitz der Herrmann-Göring-(Stahl-)Werke und Lieblingsstadt Hitlers, dessen Herrschaftsform und Kult das Denken – den Kopf – der Mutter bestimmt hatten. Die decapitatio betrifft aber auch den Diskurs, der gleichsam seinen Kopf verloren hat, so dass Muraus Rede – obgleich ein Monolog – doch wie die Überlieferung bei Faulkner aus einer Polyphonie hervorgeht : Mit ineinander verschachtelten, oft kaum hierarchisierbaren Abstandnahmen ist es, als weigere sich der Sprecher, für die Worte einzustehen, sie selbst in dem Mund zu nehmen, sondern gibt sie lieber anderen ein. Nicht ohne Grund, denn viele Worte sind in der Tat geschmacklos, so eine Meldung in der Linzer Volkszeitung : « Wolfsegg hat sein Haupt verloren, las ich 36. » Das enthauptete Haupt des Schlosses im versiegelten Sarg bildet das toxische Zentrum des Erinnerungsdiskurses um den « Herkunftskomplex 37 », das heißt die architektonische Anlage von Schloss Wolfsegg, seine sozio-ökonomische Struktur, sowie die psychische Komplikation, die sie gezeitigt hat.

In dieser Schilderung des Erbes der Komplizenschaft mit Austrofaschismus, Nationalsozialismus und Nachkriegsverdrängung erscheint die Mutter als ‘das Böseʼ schlechthin, in dem die politischen Verbrechen kulminieren – zugleich lässt der Text keinen Zweifel daran, dass er damit maßlos übertreibt :

 

Das Böse auf Wolfsegg, wenn wir es auf seinen Ursprung zurückführen, führte immer auf unsere Mutter zurück […] Jeder Mensch, der mit ihr in Berührung gekommen ist, war auf einmal ein böser Mensch, könnte ich sagen, hatte ich zu Gambetti [dem ständigen imaginierten Gesprächspartner; J.P.W.] gesagt, so hat sie auch aus Spandolini [einem Kardinal, ihrem Liebhaber; J.P.W.] einen bösen Menschen gemacht, wie aus mir, wie aus meinem Bruder etcetera. […] Aber es wäre völlig unsinnig, ihr allein die Schuld an diesem Bösen in die Schuhe zu schieben, wie wir das tun, weil wir keine andere Wahl haben, weil uns ein anderes Denken viel zu schwierig ist, zu kompliziert, einfach unmöglich […]  38

 

Die erste Erwähnung des Adjektivs ‘böseʼ ist hervorgehoben und wird auch mit « könnte ich sagen » und als Selbstzitat auf Distanz vom sonstigen Diskurs gebracht. Denn wer kann nach der Aufklärung noch jemanden böse nennen, ohne umgehend auf die dialektische Verbindung des Bösen zum Guten hinzuweisen, das es schafft, ohne es zu wollen, oder seine Banalität zu unterstreichen, die alles Diabolische aus dem Begriff entfernt 39 ? Kann man, wie Murau später am Sarg, sagen : « Die Mutter war das personifizierte Böse 40. » Wie kann sie ohne persona, ohne Antlitz oder Stimme, irgendetwas personifizieren ? Darauf komme ich gleich zurück.

Zuerst : Dass jede Klage und Anklage ein Moment der ‹ Wollust › enthält, wie Nietzsches Zarathustra im Gestus der Entlarvung konstatiert 41, ist bei Bernhard das ausgestellte poetische Konzept : Übertreibung soll veranschaulichen, erläutert der Sprecher 42. Wichtiger als solche Behauptungen aber ist, wie die Zuschreibung des Bösen sich selbst unterminiert durch inkohärente Grammatik : « es wäre völlig unsinnig, ihr allein die Schuld an diesem Bösen in die Schuhe zu schieben, wie wir das tun, weil wir keine andere Wahl haben […]. » Der Satz beginnt im Konditional, geht dann aber in den Indikativ über, um zu sagen, dass es gar keine Möglichkeitsform geben kann, weil es « keine andere Wahl » gibt. Auslöschung adaptiert mit Wiederholung, Übertreibung und Stereotypisierung vormoderne Techniken, um statt einer Einfühlung in die Beweggründe der Täter, wie sie eine psychologische Erzähltechnik leicht mit sich bringt, die Darstellung der destruktiven Wirkungen und Zusammenhänge ihres Handelns zu erreichen. – Und der Text markiert durch Selbstwidersprüche diese Techniken als Techniken der Darstellung, die nicht zur Rekonstruktion der Psychologie einer kohärenten Person taugen (was in der Forschung freilich gleichwohl oft getan wird).

Der Titel Auslöschung bezeichnet nicht allein das de-facement der Mutter, sondern zugleich auch die poetologische Intention der Narration : Der Text soll Auslöschung heißen, « denn mein Bericht ist nur dazu da, das in ihm Beschriebene auszulöschen, alles auszulöschen, das ich unter Wolfsegg verstehe, und alles, das Wolfsegg ist, alles, […], verstehen Sie mich, wirklich und tatsächlich alles 43. » Die Auslöschung inkludiert die « Selbstzersetzung und Selbstauslöschung 44 » des Autors. « Wir tragen alle », so Murau, « ein Wolfsegg mit uns herum und haben den Willen, es auszulöschen zu unserer Errettung 45 ». Im Stichwort « Errettung » zeigt sich eine dem liturgischen Kontext entnommene Strategie : Bernhards Geschichtsklage adaptiert das in der bildenden Kunst und im Passionsspiel geläufige Sujet des Schmerzensmannes 46. Es zeigt Jesus mit allen Kreuzigungswunden, jedoch lebend und nicht am Kreuz, der die Schuld der Welt auf sich lädt, um sie abzutragen zur Errettung der Welt. Das Sujet zeigt Christus der, wie Panofsky schreibt, « die Summe allen Leidens noch durchlebt47. » Als solcher Schmerzensmann spricht Murau, der Alleinerbe des « Herkunftskomplex[es] », dem alle Verantwortung für die Verbrechen der Eltern sowie den vom Schloss wirtschaftlich abhängigen Ort zufällt. Und sich gleichwohl von diesem Komplex verachtet sieht : « So wie den bösen Geist in die Bücherkästen, hatten sie mich, der ich in ihren Augen ein ebenso böser Geist gewesen bin, einsperren wollen in Wolfsegg 48. »

Gesichts- und gestaltlos erscheint das Böse bei Bernhard, zum einen sofern es in der Tradierung verbrecherischer Institutionen besteht, also von Rechtspersonen, hinter denen sich Individuen verbergen – zum anderen aber auch, sofern das Böse von der anlitzlosen Mutter übergeht auf den im Text ebenfalls nie beschriebenen Sprecher. Das Böse hat kein Antlitz, und kann sich deshalb allem anhaften. Aber was hätten sie gemeinsam : die überzeugte Mitläuferin des Faschismus und der Sohn, der das Anwesen der Israelischen Kultusgemeinde in Wien vermacht ? Anlass, Gegenstand sowie Hinderungsgrund der Geschichtsklage in Bernhards Auslöschung ist dies, dass es nichts gibt, das nicht von den Verbrechen der Vorfahren kontaminiert wird, weder im kollektiven Gedächtnis noch in der individuellen Biographie. Am wenigsten die Sprache. Darum kann der Erinnerungsdiskurs nichts anderes sein als « eine rücksichtslose[n] Anschauung 49 », das heißt ein Rückblick, der nichts unbezweifelt gelten lässt, auch nicht den eigenen Blick. Mit dieser Rücksichtslosigkeit im Vernichtungswillen aber steht der Sohn auch strukturell in mimetischer Nähe zum Faschismus, der als Modernisierungsbewegung alles Ererbte wegzufegen nicht nur gedroht hat. Dies evoziert einen Begriff des Bösen, der zur Erläuterung des Gestaltlosen taugt, auch wenn er weit älter ist als die moderne Rechtsfiktion : zum Bösen als Inversion.

 

Inversion

In den Confessiones erörtert Augustinus die Natur der Sünde und des Bösen anhand eines jugendlichen Birnendiebstahls (ein Motiv, das Rousseau als Apfeldiebstahl variieren wird und das natürlich in der Tradition des Fruchtmotivs beim so genannten Sündenfall steht) : Quintessenz des Bösen, also malum, war die Ziellosigkeit des Tuns, das aus keinem Hunger oder Appetit oder Zorn gegen den Birnenbaumbesitzer oder Ähnlichem herrührte, sondern quod eo liberet quo non liceret 50 – dass wir nach dem begehrten, was nicht erlaubt ist, weil es nicht erlaubt ist. Das Böse ist nach Augustinus die Lust an der Übertretung, der das spezifische Tun und seine Folgen gleichgültig sind. Darum ist es ontologisch nichtig und sekundär, denn es besteht in einer Inversion, einer destruktiven Wendung gegen das Seiende 51. Das Böse hat selbst keine Gestalt, darum fragt Augustinus im Versuch der Annäherung an seinen Diebstahl : « Aber bist Du überhaupt etwas, daß ich Dich anrede52 ? » Dem entspricht es, wenn in Bernhards Text gesagt wird : « Die Mutter war das personifizierte Böse ». – Obgleich sie doch gar kein Antlitz hat, das der persona, also dem prosopon, zugrunde läge : Aber genau das ist die Personifikation des Bösen als Nichtigem : ein de-facement, eine Entstellung, Unkenntlichmachung.

Wichtig ist bei Augustinus die Rolle dieses nichtigen, gestaltlosen malum im Selbstentwurf an animal rationale mortale, dem die Bekenntnisse dienen, die aufrechnen : « was ich Böses ganz aus mir getan, und was ich Böses nur dank Deiner Führung nicht getan » – quae mea sponte feci mala et quae the duce non feci 53. Das Böse als Inversion markiert den Bereich menschlicher Freiheit, das Gute – also das Seiende, denn das Böse ist nicht, sondern destruiert bloß – geschieht durch Gott. Diese Unterteilung hat einen dogmatischen Grund : Nur, wenn Menschen sich von Gott abwenden können, haben sie auch die Möglichkeit, sich ihm in Erkenntnis zuzuwenden; determinierte Zuwendung wäre keine. Aber wir erinnern uns : Freiheit ist, wo Savigny im neunzehnten Jahrhundert das Recht begründet sieht. Die historische Tiefenperspektive hebt hervor, dass auch der emphatische Rechtsbegriff der Freiheit das Moment des Bösen braucht – als Transgression, die zu sanktionieren ist, denn allein dazu bedarf es des Rechts. Eine Inversion gegen die bestehende Ordnung (die nicht im moralischen Sinne ›gut‹ ist, aber ontologisch ist) verbindet den kopflos sprechenden Protagonisten der Auslöschung und seine Poetik der Auslöschung mit dem faschistischen Familienoberhaupt, seiner Mutter. Und diese Inversion gegen die Ordnung ist es auch, die in Faulkners Text das Phantom Sutpen, das aus der Verdrängung der anderen steigt, als das Böse erscheinen lässt : Sein Tun wendet sich gegen die Ordnung des alten Südens, insofern er nicht dessen Mythos von Väterlich- und Ritterlichkeit darstellt, sondern die diesen Ideologemen zugrundeliegende gewaltsame Besitzordnung ausstellt.

In der Comicfigur des Jokers ist diese Inversion weitergeführt : Er handelt so erratisch, wie es keiner in der Moderne mehr sein kann, ohne in ein psychiatrisches Narrativ eingebunden zu werden. Er wendet sich gegen den Identitätszwang und verweist damit auf die Vormoderne, in der Individualität nicht als juridisch regulierte Personalität gedacht wird. Die Faszination, die von der abgründigen Populärfigur ausgeht (bisweilen mehr als von seinem ‘gutenʼ Pendant), verweist auf den problematischen Umkehrschluss, dass wer sich der Gesichtserkennung entzieht, böse sein muss. Der Joker unterminiert das moderne Verständnis des Menschen als Person, dessen Antlitz Erkennbarkeit garantiert als Emblem der Fiktion einer Kohärenz von Sprechen und Handeln. Er unterminiert es durch seine Körpertechniken, die sich durchaus auch gegen seinen eigenen Körper richten : In einem Comic von 2011 lässt er sich das Gesicht abtrennen, um es als Maske zu tragen 54.

 

  1. Immanuel Kant, Metaphysik der Sitten, in Wilhelm Weischedel (Hg.), Werke in 12 Bänden, Bd. 4, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1969, S. 60.
  2. Friedrich Carl von Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd. II, Berlin, Veit und Comp, 1840, S. 2, online unter : http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/savigny_system02_1840?p=16.
  3. Ibid.
  4. Vgl. Code civil (Version en vigueur au 27 février 2010), Art. 725 : « Pour succéder, il faut exister à l’instant de l’ouverture de la succession ou, ayant déjà été conçu, naître viable », Légifrance, www.legifrance.gouv.fr/affichCode.do?cidTexte=LEGITEXT000006070721&dateTexte=20080225#/.
  5. Manfred Fuhrmann et al., « Person », 2, π9, in Joachim Ritter und Rudolf Eisler (Hgg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie Online, o. D., DOI : 10.24894/HWPh.5339.
  6. Id., 3, π3.
  7. Elberfelder Studienbibel mit Sprachschlüssel. Revidierte Fassung. Textstand Nr. 21, 1. Auflage. Wuppertal, Brockhaus Verlag, 2005, Num. 6, 25-26.
  8. Id., Deut. 1, 17.
  9. Manfred Fuhrmann et al., « Person », op. cit., S. 4f.
  10. Immanuel Kant, Metaphysik der Sitten, op. cit., S. 329f.
  11. Sigmund Freud, « Die Verneinung », S. 9-15, in Anna Freud et al. (Hgg.), Gesammelte Werke. Chronologisch geordnet, Bd. 14, Frankfurt am Main, Fischer, 1968, S. 12 : « Die Verneinung ist eine Art, das Verdrängte zur Kenntnis zu nehmen, eigentlich schon eine Aufhebung der Verdrängung, aber freilich keine Annahme des Verdrängten ».
  12. William Faulkner, Absalom, Absalom!, London, Vintage, 2005, S. 141; zu grief, vgl. S. 60, 75, 97, 112, 126f., 138, 142f., 149, 199, 215, 280, 293, 297, 320, 359.
  13. Id., S. 11.
  14. Id., S. 11 und S. 34.
  15. Faulkners Ortsnamen sind fiktiv, aber sprechend : Der Ort heißt nach dem prominenten Gründervater, Autor der Unabhängigkeitserklärung und dritten Präsidenten der USA Thomas Jefferson aus Virginia, aufklärerisches Staatsdenken mit dem Besitz von Sklaven zu vereinbaren. Die Kinder, die Jefferson mit einer seiner Sklavinnen gezeugt hat, wurden erst vor wenigen Jahren als seine Nachfahren anerkannt; vgl. Gabriele Schwab, Haunting Legacies : Violent Histories and Transgenerational Trauma, New York, Columbia University Press, 2010, S. 57.
  16. Greg Forter, Gender, Race, and Mourning in American Modernism, Cambridge, Cambridge University Press, 2011, S. 116.
  17. William Faulkner, Absalom, Absalom!, op. cit., S. 9 und S. 13.
  18. Henry G. Liddell und Robert Scott, « δαίμων », in A Greek-English Lexicon, Oxford, Oxford University Press, 1996, http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/savigny_system02_1840?p=16.
  19. Karl Ernst Georges, « mōnstrum », in Karl Ernst Georges (Hg.), Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch, Darmstadt, Hahn, 1998, Bd. 2, S. 998.
  20. Zur commodification of black slaves and marriageable women vgl. Laurie Vickroy, Reading Trauma Narratives : The Contemporary Novel and the Psychology of Oppression, Charlottesville, University of Virginia Press, 2015, S. 108.
  21. Vgl. « He had learned the difference not only between white men and black ones, but he was learning that there was a difference between white men and white men […] other whites like them, who lived in other cabins not quite as well built and not at all as well kept and preserved as the ones the nigger slaves lived in […] ». William Faulkner, Absalom, Absalom!, op. cit., S. 226-228.
  22. Id., S. 231ff.
  23. Greg Forter, Gender, Race, and Mourning in American Modernism, op, cit., S. 134.
  24. In der Zurückweisung wiederholt sich die Erfahrung seines Vaters : « the taverns where the old man was not even allowed to come in by the front door ». William Faulkner, Absalom, Absalom!, op, cit., S. 225.
  25. Vgl. Laurie Vickroy, Reading Trauma Narratives, op, cit., S. 100.
  26. William Faulkner, Absalom, Absalom!, op, cit., S. 106.
  27. Zum Begriff Sigmund Freud, « Trauer und Melancholie », S. 427-446, in Anna Freud et al. (Hg.), Gesammelte Werke. Chronologisch geordnet, Bd. 10, Frankfurt am Main, Fischer, 1968, S. 437.
  28. Nicolaus Abraham, Maria Torok, « Notules sur de fantôme », S. 426-433, in Nicolaus Abraham, Maria Torok, L’Écorce et le noyau, Paris, Flammarion, 2001, S. 430 : « Le fantôme s’oppose à l’introjection libidinale, c’est-à-dire à l’appréhension des mots en tant qu’ils impliquent leur part d’inconscient. » Hier liegt der wichtige Unterschied von Abraham und Toroks Theorie zu Derridas Konzept der hantologie, eine Verbindung von hanter und ontologie. Vgl. Jacques Derrida, Spectres de Marx. L’État de la dette, le travail du deuil et la nouvelle Internationale, Paris, Galilée, 1993, S. 31. Was die Ontologie heimsucht, ist die Vieldeutigkeit jeden Wortes, dessen sich vor allem die philosophische Sprache in Begriffen zu entledigen sucht, prominent etwa im Begriff des ›Geistes‹, der für nichts als Rationalität einstehen soll. Geht es Derrida um die unumgängliche perspektivische Bedingtheit allen Denkens und Wissens (ein Geist, der nicht ausgetrieben werden kann), geht es dem psychoanalytischen Begriff um die Zerstörung von Verständlichkeit und Überlieferung durch Verdrängung und Verleugnung (die nicht hinzunehmen ist, weil sie das Leben zerstört und Genozide perpetuiert).
  29. Nicolaus Abraham, Maria Torok, « Notules sur de fantôme », op. cit., S. 430.
  30. William Faulkner, Absalom, Absalom!, op. cit., S. 11.
  31. Id., 279f. : « That old impotent logic and morality which had betrayed him before […] the old logic, the old morality which had never failed to fail him[.] »
  32. Nicolaus Abraham, Maria Torok, « Notules sur de fantôme », op. cit., S. 431 : « Il est source de répétitions indéfinies, ne donnant le plus souvent même pas prise à la rationalisation. […] le travail du fantôme recouvre, point par point, ce que Freud décrit sous l’intitulé de l’instinct de mort. »
  33. Paul de Man, « Autobiography as De-facement », MLN, n° 94.5, 1979, S. 919-930.
  34. Thomas Bernhard, Auslöschung. Ein Zerfall, Frankfurt am Main, Suhrkamp, 1986, S. 7.
  35. Id., S. 395f.
  36. Id., S. 406.
  37. Id., S. 201.
  38. Id., S. 297f.
  39. Zur Ausscheidung des Bösen aus dem Diskurs des Westens vgl. Jean Baudrillard, La Transparence du Mal : Essai sur les phénomènes extrêmes, Paris, Galilée, 1990, S. 11-21.
  40. Thomas Bernhard, Auslöschung, op. cit., S. 569.
  41. Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra, S. 7-408, in Giorgio Colli, Mazzino Montinari (Hg.), Kritische Studienausgabe, Bd. 4, München, De Gruyter, 1999, S. 273 : « […] bei Allem, was sich ‹ Sünder › und ‹ Kreuzträger › und ‹ Büsser › heißt, überhört mir die Wollust nicht, die in diesen Klagen und Anklagen ist! ».
  42. Thomas Bernhard, Auslöschung, op. cit., S. 128.
  43. Id. S. 199.
  44. Id., S. 296.
  45. Id., S. 199.
  46. Bernhard nennt sich selbst so in Peter von Becker, « Bei Bernhard. Eine Geschichte in 15 Episoden », Theater heute 1978, 80-87; rezipiert bei Sybille Lewitscharoff, « Schmerzensmänner », S. 13-22, in Martin Heinze et al. (Hg.), Das Maß des Leidens. Klinische und theoretische Ansätze seelischen Krankseins, Würzburg, Königshausen & Neumann, 2003.
  47. Erwin Panofsky, « Imago Pietatis. Ein Beitrag zur Typengeschichte des ‹ Schmerzensmanns › und der ‹ Maria Mediatrix › », S. 262-308, in Festschrift für Max J. Friedländer zum 60. Geburtstage, Leipzig, E. A. Seemann, 1927, S. 280.
  48. Thomas Bernhard, Auslöschung, op. cit., S. 151.
  49. Id., S. 197.
  50. Augustinus, Confessiones, Wilhelm Thimme (Übers.), Düsseldorf/Zürich, De Gruyter, 2004, II, 4, 9; cf. 6, 14.
  51. Id., II, 4, 9 : Causa nulla esset nisi malitia.
  52. Id., II, 6, 12 : Aut vero aliquid es, ut loquar at te?
  53. Id., II, 7, 15.
  54. Tony S. Daniel, R. Winn, DC Comics, « The New 52 », n° 1, 2011.